BNN 28.06.2004
Steinmauern (ck). So genau wie der Hardtchor mit seiner Version des
Liedes "Aus der Traube in die Schüssel" den Weg der Rebefrucht
darlegte, wollte man es gar nicht wissen. Die gesungene Durchwanderung
des Naturkreislaufs vom Stock ins menschliche Gedärm und von dort
wieder hinaus und weiter stellte zum Auftakt des Konzertes im Garten
des Klever-Hauses gleich klar, auf was man an diesem Abend gefasst sein
musste und auf was man sich freuen durfte. Schätzungsweise rund 180
Leute ließen sich darauf ein und hatten nichts zu bereuen. Das
Traubenlied enthielt schon viel von jenen Qualitäten, mit denen die von
Stefan F. Fischer dirigierten zehn Sänger ihr Programm befüllten. Da
war die stimmliche Festigkeit, da war die klare Artikulation, in der
sich nicht die kleinste Silbe verflüchtigte, wozu auch der Tonmeister
am Mischpult seinen Teil beigetragen haben dürfte. Da waren lebhafte,
kurzweilige und anspruchsvoll verwobene Arrangements, die zum Teil vom
Chorleiter selbst geschrieben waren. Und da war viel feiner Witz unter
die klanglichen Genüsse gemischt. Die gefühlsschmerzvolle
"Parallelmontage" der Volksweise "In einem kühlen Grunde" mit der
parodistischen Suche nach einem in der Tiefgarage verschwundenen Auto
war ein weiteres Beispiel, mit dem der Hardtchor seine Auffassung von
Gesangskunst demonstrierte.
Das Ensemble nimmt sein Metier ernst, zuallererst in
handwerklicher Hinsicht. Was ihm wenig gilt, ist das mumifizierte
Liederabendwesen. Trotzdem setzt es nicht penetrant auf Witzigkeit, um
Traditionen zu entstauben. Das war bei Kompositionen aus dem
Mittelalter wie "Weep, O Mine Eyes" oder "Maienzeit" zu erleben, die
dank der Kreativität, die auch der optischen Präsentation galt,
unverbraucht frisch wirkten. Selbst die Schnaken schienen vom Zuhören
gefesselt. Jedenfalls hielt sich die Stecherei in tolerablen Grenzen.
Vielleicht sind die piesackenden Mücken aber auch vor dem
"schwulen Hunde" geflüchtet, der mit einem Song der "Prinzen"
vorgestellt wurde. Ebenso frivol war der Titel "Freie Liebe". Ein
refrainartiges "ooh wheeep" daraus wurde zum Ohrwurm. Bei dieser Nummer
kam wie bei einigen anderen eine Spielart des Hardtchores zur Geltung,
die merklich an Profil gewonnen hat. Es ist das lautmalerische
Imitieren von Begleitmusik. "Freie Liebe" wirkte, als wäre es mit
elektronischen Instrumenten unterlegt.
Ein Kabinettstückchen, bei dem nur geklopft, geklatscht, gezischt
und verhalten gepfiffen wurde, war "Rock Trap". Artverwandt waren der
Sprechgesang "Fuge aus der Geographie" und die "Dreiklangdimensionen".
Ähnlich gut passte auf das erstmals gesungene "Ha! Ha! Said the Clown"
die Eigenwerbung des Mannes mit der tiefsten Stimme in der Gruppe:
"Probier´s doch mal mit ´nem Baß". Sowieso traten beinahe alle Sänger
mit Solonummern ins Rampenlicht und fast durchweg erwiesen sie sich als
richtig gute "Entertainer". Die Vorsitzende des Vereins "Klever-Haus",
Marlen Dürrschnabel dankte am Ende den "tollen Männern" für einen
"wunderbaren Abend". Erst nach vier Zugaben durften Fischer und seine
Freunde Joachim Becker, Bernd Bertsch, Winfried Bleier, Vito Cerjak,
Tobias Fritz, Jörg Hofmann, Michael Kary, Manfred Lindemann, Norbert
Tritsch und Martin Vögele das Podium verlassen.
Badische Neueste Nachrichten, 28.06.2004