BNN 08.03.2005

Hochkonzentriert und mit Schalk im Nacken

Rund 150 Besucher bei dem Benefizkonzert mit dem "Hardtchor"/Geschichten von Paul Güde

Au am Rhein (HH). In einem kann man dem Vorsitzenden der Deutsch-Sibirischen Gemeinschaft nicht zustimmen. Wolfgang Herzog griff bei der Wohltätigkeitsveranstaltung, die zu Gunsten seines Vereins in der Rheinauhalle stattfand, zu Küchenbildern. "Fast Food" werde es nicht geben, versprach er als er den "Hardtchor"ankündigte, dessen Darbietungen er dann als "gut bürgerlich" beschrieb.

Doch das war es nicht. Das Ensemble bot, um im Bild zu bleiben, ausgefallene Kreationen mit exotischen Beigaben, raffiniert variiert mit Bodenständigem, das alles exzellent zubereitet und von höchstem Wohlgeschmack, sternenverdächtig. Zu dem kurzfristig anberaumten Benefizabend fanden sich schätzungsweise 150 Besucher ein. Der Erlös soll bei der Finanzierung eines Kinderheims helfen, das die Gemeinschaft in Ulan Ude in der russischen Republik Burjatien bauen lassen will (die BNN berichteten). Dieses Vorhaben machte sich auch der Mundarterzähler Paul Güde zu eigen, der wie der "Hardtchor" unentgeltlich auftrat. Die von Stefan F. Fischer geleitete Formation glänzte mit professionellen Qualitäten. Aber anders als viele Stargruppen der A-capella-Szene kommt der "Hardtchor" ganz ohne elektronische Verstärkungen und Tricks aus. Die reine Klangkunst kam dank der guten Akustik der Halle besonders schön zur Entfaltung. Die zehn Sänger, von denen einige als Solisten hervor traten, glänzten durch glasklare Artikulation, durch die Sorgfalt und das Gefühl, mit denen sie ihre Darbietungen formten. Trotz der hohen Konzentration, die solche Stimmarbeit erfordert, blieben sie stets locker und mit Schalk im Nacken.

Auch mit seiner optischen Präsentation und mit den Ansagen macht der "Hardtchor" viel her. Er wirkt mit jedem Mal ausgereifter. In Au begann er seinen Auftritt mit dem Barber-Shop-Song "When my sugar walks down the street". Dem noch gediegen anmutenden Einstieg folgte mit dem Titel "Von der Traube in die Schüssel" ein Lied mit dem typischen "Hardtchor"-Witz. Das bekannte Weinlied "Von der Traube in die Tonne" wurde abgewandelt, der Text unverblümt profan zu Ende gebracht. "Durch den Dünndarm, durch den Dickdarm, durch den Anus in die Schüssel, von der Schüsseln in den Rhein".

Der hierbei und in anderen Stücken lauernden Verlockung, in Klamauk zu verfallen widerstand der Chor stets mit wohltuender Dosierung der parodistischen Elemente. So geriet etwa auch die Parallelmontage der Volksweise "In einem kühlen Grunde" mit ihrer eigenen Verhohnepipelung ("In einer Tiefgarasch") zur feinen Satire. Titel wie "Mein Hund ist schwul" oder "Freie Liebe" waren weitere Beweise für die Vorliebe des "Hardtchors" für Ausgefallenes.

Diese beschränkte sich nicht auf freche Texte, sie spiegelte sich auch in sehr ungewöhnlichen "Kompositionen" wieder, wie zum Beispiel dem Sprechgesang "Fuge aus der Geographie" und einem Werk, das nur aus rhythmischem Klatschen und einem pfeifenden Kehllaut bestand. Reizvolle Arrangements trugen ebenso zu dem strahlenden Gesamteindruck bei, der beim Publikum auf großen Gefallen stieß.

Paul Güde servierte, um das Eingangsbild nochmals zu bemühen, würzige Hausmannskost badischer Art. Er erzählte vielleicht eine Idee zu lange über Sinn und Zweck des von ihm geführten Aspichhofs. Gerne mehr gehört hätte man dagegen Geschichten wie jene von einem französischen Zuchteber, der im Diplomatengepäck nach Deutschland geschmuggelt werden sollte, schließlich auf anderem Wege unter die Alemannen geriet, wo es ihm aber nicht vergönnt war, einen einzigen Stich zu landen. Mit solchen Schilderungen aus seinem bewegten Leben brachte der weinselige "Otterswierer" die Leute zum Schmunzeln.

Badische Neueste Nachrichten, 8.3.2005

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